Chance oder Risiko? Messen, Corona und Neustart.

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Jetzt mal ehrlich: Sind Messen überhaupt noch zeitgemäß? Oder sind Messen Marketing-Dinosaurier und Corona schafft dieses Format - zu Recht - ab? Die Mehrheit der Aussteller scheint sich in dieser Frage grundsätzlich einig zu sein. Gemäß einer Studie, die die Messe Frankfurt jüngst durchgeführt hat und die im Handelsblatt vom 10.08.21 nachzulesen ist, wollen 67 % der Aussteller wieder auf „ihrer“ Messe ausstellen. Für sie bleibt trotz oder gerade wegen der Pandemie-Erfahrung die Messe eine wichtige Säule in ihrem Marketing. Hinzu kommen noch einmal 30 %, die sich zusätzlich zur physischen Messe noch eine digitale Ergänzung wünschen. Nur 3 % der Unternehmen können sich ein rein digitales Format vorstellen. Die Zahlen beantworten die Frage also eindeutig: Messen werden weiterhin als zeitgemäß empfunden.
 

Was wäre wenn die Pandemie heute vorbei wäre?

Wäre die Pandemie heute beendet: Die physische Messe würden ein großes Comeback feiern. Sie wäre allerdings nicht mehr die alte. Sie wäre gewandelt, hätte ein zeitgemäßes Gesicht: Es gäbe digitale Erweiterungen für noch mehr Reichweite. Das wäre dann der echte Neustart der Messen.
 

Messen unter Pandemiebedingungen. Was es bedeutet.

Nun ist die Pandemie aber leider noch nicht besiegt und wir leben weiterhin in unsicheren Zeiten. Jetzt wo Messen generell wieder erlaubt sind, müssen sich die Aussteller also entscheiden: Wollen sie ausstellen oder wollen sie nicht? Jetzt – unter Pandemiebedingungen?

Was bedeutet es überhaupt für die Unternehmen, auf einer Messe unter Pandemiebedingungen auszustellen? Kurz gesagt: Eine coronakonforme Messe ist eine Art „Messe Light“. Denn sie bringt wegen der geltenden Abstandsregeln von 7 m² pro Person weniger Besucherinnen und Besucher in die Hallen und fordert aus dem gleichen Grund Kompromisse für den eigenen Standbau. Das war´s im Groben auch schon. Ach ja: Standpartys sind natürlich auch untersagt.

Halt, Stopp, mögen Sie vielleicht denken! Was ist mit Delta? Was ist mit der Angst vor einer Infektion? 
 

Veranstalter machen Messen sicher.

Was die Sicherheit der Menschen auf den Messen angeht: Da haben die Veranstalter ganze Arbeit geleistet. Nach einer steilen Lernkurve haben sie viel in ihr Hygienekonzept investiert. Es wurden Belüftungsanlagen dem Bedarf angepasst, Laufwege im Einbahnstraßensystem erdacht, auf denen Sicherheitskräfte nach dem Rechten schauen.

So wars´s vor Corona ganz normal: Messestand mit Besuchern.
© by HALLMANN Messebau & Design
Und auch aus der Höhe kommt Unterstützung: Videokameras fahnden von dort nach Menschenstaus, die die Sicherheitskräfte dann auflösen. Und das sind nur die weniger bekannten Maßnahmen der Veranstalter – da sind ja noch die vielen anderen wie 3-G-Konzept, Nachverfolgbarkeit, digitale Registrierungen, ausgetüftelte AHA Regularien mit Besucherlenkung und flächendeckende Desinfektion. „Wir sehen uns als Veranstaltungsprofis in der Lage, auch in diesen Zeiten Veranstaltungen durchzuführen“, hatte der Kölner Messechef Gerald Böse schon im Mai 2021 gesagt. 

Wahrscheinlich sind, ganz ehrlich, dank der profunden Arbeit der Messemacher nur wenige Orte so sicher wie die Messen. Hinzu kommt, dass sowohl Messebesucher als auch Aussteller allesamt sehr disziplinierte Menschen sind, die sich schon im eigenen Interesse an die anerkannten Regeln halten.
 

Dabei sein oder nicht dabei sein. Das ist hier die Frage.

Und jetzt die spannende Frage: Wie entscheiden sich denn nun die Unternehmen unter den genannten Bedingungen? Die Antwort ist: Sie sind sich eindeutig uneins. Es gibt die, denen eine Messe-Light nicht reicht. Diese Gruppe verschiebt ihre Teilnahme aufs nächste mal. Und es gibt die, die Morgenluft wittern und jetzt auf jeden Fall ihre Chance nutzen wollen, um wieder dabei zu sein. Ein Blick beispielsweise auf die Zahlen der Herbstmessen Anuga in Köln oder A+A in Düsseldorf bestätigt das: Im Vergleich zum Niveau der Vorveranstaltung werden 50 % der Teilnahmezahlen erreicht. 

Beide Gruppen haben gute Gründe für ihre jeweilige Entscheidung. Und bei beiden Gruppen spielt - neben gesundheitlichen Abwägungen - die Gewinnerwartung die entscheidende Rolle. Bei der einen Gruppe ist die Gewinnerwartung zu niedrig - für sie bedeuten weniger Menschen auf der Messe auch weniger Chancen auf Kontaktanbahnungen oder Abschlüsse. Und bei der anderen Gruppe ist die Gewinnerwartung hoch, weil sie endlich wieder persönliche Kontakte haben werden und ihre Produkte angemessen und live präsentieren können.
 

Jede Entscheidung birgt Risiken. Aber nur eine Entscheidung hat die Chance auf Gewinn.

Beide Entscheidungen sind übrigens so nachvollziehbar wie mutig. Denn beide Gruppen riskieren, etwas zu verlieren: Die eine Gruppe riskiert durch ihre Nichtteilnahme Marktanteile zu verlieren. Die andere Gruppe riskiert investierte Ressourcen für den Fall zu verlieren, dass die Messe aufgrund der Beschränkungen hinter den Erwartungen zurück bleibt oder infolge einer sich wieder verschärfenden Lage sogar ganz abgesagt werden muss. Ein Ausfallfond würde hier Linderung versprechen. Der ist zwar im Gespräch, aber leider noch keine Realität.

Welche Entscheidung die bessere ist, hängt ganz vom jeweiligen Geschäftsmodell ab. Und sie hängt auch davon ab, ob die Unternehmen andere Wege gefunden haben, mit Ihrer Zielgruppe in Kontakt zu treten oder in Kontakt zu bleiben. Insofern kann es kein pauschales richtig oder falsch geben.

Allerdings hat die Gruppe, die sich für eine Teilnahme entscheidet bei allem Risiko einen ganz entscheidenden Vorteil: Nur sie hat überhaupt die Chance auf Gewinn.

 

 

Schöne Grüße – und kommen Sie gesund durch die Zeit!

Ihre Petra Hallmann